1. Was hat Sie bewogen, sich bei der amm zu engagieren?
Als Journalistin mit Fokus auf der Gesundheitspolitik habe ich die amm seit längerer Zeit beobachtet. Sie hat früh Stellung bezogen gegen die negativen Anreize, die das Gesundheitssystem heute setzt, insbesondere den Anreiz, möglichst viel zu behandeln. Über dieses Thema - Spitalfinanzierung mit DRG - kam damals auch der erste Kontakt zustande. Die amm vereint viele Menschen mit Ideen und Expertise im Gesundheitswesen, das macht sie glaubwürdig und zu einer Stimme, der es gelingen kann, das Gesundheitswesen zumindest punktuell zu verbessern.
2. An die ganz grossen Veränderungen glauben Sie nicht?
Am besten würde man alles herunterfahren und neu aufbauen. Aber die Schweizer Politik ist halt nicht so, dass man alles einfach auf den Kopf stellen könnte. Die vielen Abhängigkeiten und der Föderalismus verhindern einen grossen Wurf. Viele der Vorschriften, die wir heute kritisieren, gehen auf politische Vorstösse zurück, die gut gemeint waren. Doch am Schluss resultierte vor allem noch mehr Bürokratie. Das Projekt Adminimierung, das Brida von Castelberg initiiert hat, finde ich sehr überzeugend. Ich glaube, dafür ist die Zeit reif, denn nicht nur im Gesundheitswesen wird über den überbordenden administrativen Aufwand geklagt. Das könnte so eine realistische, punktuelle Verbesserung sein.
3. Wie wollen Sie sich in der amm einbringen?
Ich habe 30 Jahre lang über das Gesundheitswesen geschrieben und Kontakte zu vielen Exponentinnen und Exponenten gepflegt. Ich weiss, wie politische Prozesse laufen und wie die Leistungserbringer ticken. Dadurch bringe ich eine Systemperspektive mit, die ich in die Diskussionen der amm einbringen kann. Zudem möchte ich mich in einzelnen Projekten engagieren.
Interview: Stephan Bader
Susanne Anderegg ist Journalistin mit Spezialgebiet Gesundheitswesen. Von 1995 bis zur Pensionierung in diesem Sommer hat sie beim Tages-Anzeiger gearbeitet, als Blattmacherin und Autorin. In dieser Zeit hat sie die Gesundheitspolitik in der Schweiz und besonders im Kanton Zürich eng verfolgt, Gesundheitsthemen recherchiert und darüber geschrieben. Immer aus der Perspektive: Was bedeutet ein Entscheid, ein Verhalten oder eine Entwicklung für die Patientinnen und Patienten?
Susanne Anderegg ist Mitautorin des Sachbuches «Lockdown – wie Corona die Schweiz zum Stillstand brachte».