Drei Fragen an amm-Beirätin Irene Bopp-Kistler

Irene Bopp-Kistler ist Geriaterin und Demenzspezialistin. Sie war leitende Ärztin an der Memory Clinic des Stadtspitals Waid in Zürich.

1. Sie sind neu im Beirat der amm. Was hat Sie bewogen, diese Aufgabe zu übernehmen?

 

Ich bewundere die Haltung und die Arbeit von Annina und Christian Hess seit Jahrzehnten. Mit der Gründung der Akademie Menschenmedizin wurde ihre Einstellung zu einer menschengerechten Medizin institutionalisiert, was ich von Beginn weg ideell unterstütze. 

 

2. Welcher Aspekt der Menschenmedizin ist Ihnen besonders wichtig / In welchem Bereich sehen Sie besonders dringenden Handlungsbedarf?

 

Als Geriaterin ist mir natürlich eine menschenorientierten Medizin der älteren Menschen und insbesondere auch der Demenzerkrankten ein grosses Anliegen. Nicht alles, was machbar ist, ist auch sinnvoll. Die Lebensqualität und die Funktionserhaltung sind entscheidender als die Lebensspanne. Leider wird in den meisten Studien als Endpunkt nur die Mortalität berücksichtigt. Beim älteren Menschen gibt es zu wenige Richtlinien bezüglich einer sinnvollen Medizin. 

 

3. Wenn Sie darüber entscheiden könnten: Welche konkrete Änderung/Massnahme würden Sie am Gesundheitswesen in der Schweiz vornehmen und warum?

 

Aus meiner Sicht müssten unbedingt vermehrt therapeutische Massnahmen hinterfragt werden, insbesondere auch im Bereiche der hoch spezialisierten Medizin. Die GrundversorgerInnen sollten das Case- und Care-Management übernehmen, ethische und interdisziplinäre Fallbesprechungen sollten vermehrt erfolgen und auch im Tarif abgebildet werden. Dadurch könnten unnötige Interventionen verhindert und Kosten gespart werden, obwohl der Mensch mit seinen Bedürfnissen im Mittelpunkt steht. Dabei könnten Altersmediziner*innen eine wichtige Rolle spielen. Gespräche über Advance Care Planning sollten regelmässig stattfinden, damit eine menschennahe Medizin stattfindet, die sich die Menschen auch wünschen.